MARKRANSTÄDTER EISENBAHN-PAGE
INHALT "K-ZUG"  
   
 

KATASTROPHENZÜGE DER DR

 
 
ZUG-NR. D1072 - "Internationale Reisezüge, die besonderen Benutzungsbedingungen unterliegen"
 
Viele Jahre lang startete vom Bahnhof Beelitz-Heilstätten ein seltsamer Zug mit der Zugnummer D1072 nach Brest an der Westgrenze der damaligen Sowjetunion. Die Zugnummer D1072 deutete auf einen internationalen Reisezug, der besonderen Benutzungsbedingungen unterliegt, hin.
Der Zug sah aus wie ein Schnellzug– aber seine Wagen waren keine wirklichen Schnellzugwagen…
Der Zug transportierte Menschen, aber kein Mensch konnte eine Fahrkarte für ihn kaufen...
Einige „mitfahrende Personen“ wurden mit Hubschraubern direkt zum Bahnsteig gebracht – aber es waren keine VIP’s…
2 oder 3 der ab Beelitz-Heilstätten an der Zugspitze laufenden Wagen blieben bis Teupitz leer. Die Wagen, die erst in Teupitz „beladen“ wurden, hatten vergitterte Fenster – aber die Insassen waren keine Häftlinge…
Der Zug wurde von einer bewaffneten Wachmannschaft in Uniform der Sowjetarmee begleitet, aber der Zug transportierte weder Gold noch Nuklearmaterial…
 
In regelmäßigen Abständen (unterschiedliche Quellen sprechen für die 80-er Jahre von einem etwa 2-monatlichem Rhythmus) verkehrte der D1072 auf der Relation Beelitz-Heilstätten (dem „Zentrallazarett" der GSSD in der DDR) über Teupitz (der aus Beelitz-Heilstätten ausgelagerten psyiatrischen Abteilung des Zentrallazarettes der GSSD) und Frankfurt/Oder nach Brest. Der Zug diente der Rückführung verwundeter, verletzter oder erkrankter Militärangehöriger in die ehemalige Sowjetunion.
Der anfängliche Einsatz von truppentransportgeeigneten Güterwagen der Bauart "Oppeln" als Funktionswagen mP ist bereits erwähnt worden - ob diese als Bahndienstwagen galten, konnte noch nicht ermittelt werden. Darüber hinaus gibt es belastbare Aussagen, wonach in dieser Zeit auch ein Gepäckwagen zum Transport der Ausrüstung und auch ein offener Güterwagen mit einem entsprechenden Kohlevorrat im Zugverband waren.
Um welche Art Packwagen es sich dabei handelte und ob dieser bedarfsweise dem normalen Reisezugwagenpark entnommen wurde oder dauerhaft als Bahndienstwagen umgezeichnet war, ist ebenfalls offen.
Die Sache mit dem Kohlewagen erscheint nur so erklärbar, dass keine Heizwagen zur Verfügung standen und somit die Wagen, die Dank eines eigenen Heizkessels autark geheizt werden konnten, deren Kohlebunker aber keine für die Gesamtstrecke ausreichenden Kohlevorrat aufnehmen konnten und deshalb unterwegs ergänzt werden mussten. Das Nachbunkern der Heizkesselwagen aus einem offenen Güterwagen erscheint dagegen massiv unglaubwürdig...
 
Einigen Info-Quellen folgend sollen die Fahrten nach Brest (generell) mit Personal vom Bww Seddin durchgeführt worden sein. Dies ist definitiv falsch.
Falsch sind auch Behauptungen, dass die Stammbesatzungen der K-Züge der einzelnen Standorte geschlossen als Ausbildungsfahrt mit „ihrem eigenen Zug“ nach Brest fuhren, Personale und Stammeinheiten quasi „rotierten“. Vielmehr war es so, dass für diese Fahrten K-Zug-Personal aus mehreren K-Zug-Standorten herangezogen wurde und nur die benötigten Stammfahrzeuge "wechselten". Da hat sich irgendwann einmal eine Art „Stammbesatzung „Brest“ aus Personal von verschiedenen Bww herausgebildet, die die meisten Fahrten nach Brest begleiteten. Eine solche Besatzung bestand aus dem K-Zug-Leiter, 3 Kesselwärtern für die Heizkesselwagen und 2 „Maschinisten“. Mindestens einen der Maschinisten / Fahrzeugschlosser stellte üblicherweise das Bww Seddin, da nur dessen Personal vollumfänglich mit der Technik der in Seddin beheimateten Funktions- und Begleiterwagen vertraut war.
 
Der "1072" wird von Brest-Central nach Brest-Nord geschoben. Das Bild hat S. Siebenhaar 1991 aufgenommen und stellte es mir für die Veröffentlichung zur Verfügung.
 
Das Personal für den Küchenwagen und auch das medizinische Personal stellte die Rote Armee. Zusätzlich befand sich ein bewaffnetes militärisches Begleitkommando mit Bewachungsaufgaben im Zug. Der Dienst im Begleitkommando war für jeden dafür eingeteilten Soldaten eine Auszeichnung. Zu einem solchen Einsatz gehörte schließlich die Genehmigung, während des kurzen Aufenthaltes in Brest direkt auf dem Bahnhof für 2 Stunden Besuch von Familienangehörigen empfangen zu dürfen...
 
Im Rahmen der Fahrten nach Brest wird häufig vom Einsatz zweier Stammeinheiten zuzüglich Beistellwagen gesprochen. Dass jemals mit 2 kompletten Stammeinheiten plus Beistellwagen gefahren wurde, daran bestehen wegen der Zuglänge und Zuglast ganz berechtigte Zweifel.
Für den D1072 gibt es eine eigenständige Dienstanweisung (DA) in Form einer „Anleitung für die technischen Begleiter des Lazarettzuges“.
Das Dokument liegt mir als Kopie vor. Mein Informant wünscht aber keine Veröffentlichung der Kopie, so dass ich die Anweisung nur inhaltlich hier wiedergeben kann. Der Anstand und auch die gesetzlichen Regelungen zum Datenschutz gebieten hier die Beachtung der Vorgaben...
 
Das Dokument beschreibt zunächst die Aufgaben und durchzuführenden Handlungen der als technische Begleiter von den einzelnen Dienststellen zum Dienst auf dem D1072 abgeordneten Eisenbahner:
die abgeordneten Mitarbeiten unterstehen als Brigade für die Dauer der „Reise“ dem technischen Leiter (d.h. einem benannten K-Zug-Leiter eines K-Zug-Standortes“
die abgeordneten Mitarbeiten gewährleistendie ununterbrochen Funktionstüchtigkeit für den Zug und dessen technische Einrichtungen
der technische Leiter ist verantwortlich für die Diensteinteilung und den Nachweis der Arbeitszeiten.
 
Der Zug ist auf seinen betriebstüchtigen und ordnungsgemäßen Zustand zu überprüfen.
Behandlung des Stammzug durch die Heimatdienststelle nach DV971.
Durchführung einer RÜO an allen weiteren Fahrzeugen nach DV426 §14
Formale Übergabe des K-Zuges von der Heimatdienstelle an den technischen Leiter
Sicherstellen, dass „Verlagzettel für Kohle“ in deutsch, russisch und polnisch vorliegen
Meldung der Einsatzbereitschaft des K-Zuges nach der Rückkehr.
Sicherstellung der ungehinderten Beladung am Beladebahnhof (idR Beelitz-Heilstätten)
 
Betreiben des Heizsystemes entsprechend der Witterung (Temperatur in den Wagen, in denen sich Personen aufhalten 18 – 20°C)
Meldung der Einsatzbereitschft an den sowjetischen Zugkommandanten
Weisungsrecht des Zugkommandanten gegenüber dem technischen Leiter – technischer Leiter in Beraterfunktion.
 
Anheizen der HW 1991 in Seddin.
 
Information des Zugkommandanten bei Umleitung des Zuges auf Strecken der DR.
 
Meldung der Rückkehr bei der Ankunft in Frankfurt/O an das Rba Frankfurt/O
Veranlassen einer Drehfahrt zwischen Frankfurt/O und Beelitz-Heilstätten, wenn bei Ankunft in Frankfurt/O die Heizwagen und die Nervenwagen „vorn“ sind, um die ordnungsgemäße Entladung in Beelitz-Heilstätten sicher zu stellen (in Beelitz-Heilstätten passen nicht alle Wagen an den Bahnsteig).
 
Meldung der zu erwartenden Abrüstungszeit an die HA1 der Rbd Berlin
 
Führen des Einsatzbuches – Dokumentation aller Mängel
Ausfertigung des Einsatzberichtes
Auswertung der Fahrt mit der HA1 des MfV
Rückgabe der „Anleitung für die technischen Begleiter des Lazarettzuges“ an die HA1 des MfV.
 
Weiterhin enthält die „Anleitung für die technischen Begleiter des Lazarettzuges“ Angaben zum Laufweg des Zuges.
Der übliche Laufweg war:
Beelitz-Heilstätten
Michendorf
ZFH Berlin-Schönefeld
Königs Wusterhausen
Teupitz / Groß Köris (Kopf machen)
Königs Wusterhausen
Berlin-Grünau
Berlin-Köpenick
Erkner
Fürstenwalde
Frankfurt/O
Kunowice
Poznan
Kutno
Lowicz Gl >>> ab hier möglich Umleitung über Lukow nach Siedlce
Siedlce >>> von Siedlce entweder über Caeremcha oder Terespol
Brest-Nord
Rückfahrt nicht über Teupitz
Verkehrshalt in Berlin-Schönefeld
 
Halte des D1072 auf der Hinfahrt
in Teupitz / Großköris („Zustieg“ für die Nervenwagen)
in Frankfurt/O – ergänzen der Wasservorräte des Zuges und der Wasser- und Kohlevorräte der Heizwagen
in Poznan (Wasserhalt) ca. 90min
in Warszawa Gbf (Wasserhalt) ca. 90min
in Caeremcha bzw. Siedlce (Wasser- und Kohlehalt) ca. 90min
Ergänzung der Wasservorräte in Brest-Nord
 
Beantragung der Betriebshalte für die Rückfahrt in Brest über den Zugkommandanten, idR
in Caeremcha (Wasser- und Kohlehalt) ca. 90min
in Warszawa Gbf bzw. Pilawa (Wasserhalt) ca. 90min
in Poznan (Wasserhalt) ca. 90min
 
Versorgung der Heizwagen mit Kohle durch die DR und PKP auf Verlagszettel. In Brest durch die SZD nur im Ausnahmefall.
 
Die „Anleitung für die technischen Begleiter des Lazarettzuges“ sah eine festgelegte Wagenreihung des D1072 lt. Anlage 4 vor:
 
 
Anlage 4
Maßgeblich für die vorgegebene Wagenreihung war u.a. die eingeschränkte Bahnsteiglänge des im Bahnhof Beelitz-Heilstätten zur Beladung vorgesehene Gleis 1.
Die Anlage 4 beziffert die Nutzlänge der Rampe am Gleis1 mit 180m – wer Zeit und Lust hat, könnte das nachprüfen. Gleis1 und Rampe sind noch heute existent.
Die begrenzte Bahnsteiglänge führte dazu, dass wirklich nur die Wagen, die in Beelitz-Heilstätten zu beladen waren, am Bahnsteig Platz fanden.
Die Version der „Anleitung für die technischen Begleiter des Lazarettzuges“, die mir als Kopie vorlag, berücksichtigte für die Wagenreihung die LüP der einzelnen Wagen. Das erscheint durchaus erstaunlich:
 
N1, N2 und N3 >>> LüP je 21,25m >>> ja, das ist so seit den 1960-er Jahren bis 1994
 
OP-Wagen >>> LüP 20,86m >>> das entspricht der LüP des C4i-36-OP-Wagens, ausgemustert 1984
 
 
2 Bettenwagen >>> LüP 20,86m >>> auch hier C4i-36-Bettenwagen
1 Bettenwagen als Personalwagen >>> LüP 20,86 >>> ebenfalls ein C4i-36
 
 
FuW „K“ >>> LüP 21,72 >>> ein C4ü-28, ausgemustert 1986
 
FuW „V“ >>> LüP 18,7m >>> BDghws
Küchenwagen >>> LüP 18,7m >>> BDghws
 
 
Maschinenwagen >>> LüP 18,7m >>> BDghws
 
 
FuW „B1“ oder „B2“ >>> LüP 20,0m >>> LüP B2 20,86m / B1 21,72m !!!
 
2 Heizwagen >>> LüP je 17,1m >>> HW-41
 
Was auffällt:
Die Kapazität der 3 Sonderkrankenwagen „Nerven“ lag bei 32 (N1) + 32 (N2) + 16 (N3) = 80 Plätze für psychiatrisch Kranke.
Die Kapazität von 2 C4i- oder 2 Bghw-Bettenwagen lag bei 2x 30 = 60 Plätzen für „Normalkranke“. Das Verhältnis überrascht schon! Ich gehe davon aus, dass der 3. Bettenwagen als normaler Bettenwagen, und nicht als „Personalwagen“ eingesetzt worden ist. Die 24 Personalplätze im N3 sollte für das medizinische Personal und das Küchenpersonal ausreichend gewesen sein.
 
Seddin 1991. Der 1072 wird für eine Fahrt nach Brest vorbereitet. (C) S. Siebenhaar.
 
Ein Fotobeweis aus dem Jahr 1991 zeigt den D1072 mit folgender Reihung:
N1, N2 >>> LüP je 21,25m
OP-Wagen Bghw >>> LüP 18,7m
3 Bettenwagen Bmh >>> LüP je 26,5m
N3 >>> LüP 21,25m
FuW „mP“ Bghw-mod >>> LüP 18,7m
FuW „K“ Bghw-mod >>> LüP 18,7m
FuW „V“ Bghw >>> LüP 18,7m
Küchenwagen >>> LüP 18,7m
Maschinenwagen >>> LüP 18,7m
FuW „B1“ oder „B2“ Bghw-mod >>> LüP 18,7m
2 Heizwagen >>> LüP je 17,1m
Das ergibt eine Zuglänge von 308,35m.
Die Kapazität der 2 Sonderkrankenwagen „Nerven“ lag bei 32 (N1) + 32 (N2) = 64 Plätze für psychiatrisch Kranke.
Die Kapazität von 3 Bmh-Bettenwagen lag in Summe bei 12 Intensivplätzen und 81 Plätzen für „Normalkranke“.
     
  Punkt 4 der „Anleitung für die technischen Begleiter des Lazarettzuges“ betrifft das Schadhaftwerden von Wagen...
Zugkommandant entscheidet über Reparatur oder Aussetzen schadhafter Wagen – bewegliches Inventar des ausgesetzten Wagens ist in den Zug zu übernehmen (!!!) Das Aussetzen von Wagen ist bei der Wiederankunft in Frankfurt/O an die HA1 der Rbd Berlin zu melden
Beantragung eines außerordentlichen Halts bei Schäden am Zug über den Zugkommandanten.
 
     
  Unter 4.1 Ausfall eines Heizwagens...
Auf dem Gebiet der DDR Information an die HA1 der Rbd, auf dessen „Gebiet“ sich der Zug gerade befindet. Abstimmung, ob und wie Reparatur erfolgt oder Ersatz-Heizwagenzugeführt wird.
Auf dem Gebiet der VR Polen wird Hilfeleistung über den Zugkommandanten angefordert. Eventuell Vorschlag an PKP, dass eine Dampflokomotive oder ein Diesel-Tfz mit Dampf-Zugheizanlage fortan den Zug bespannt und zur Beheizung eingesetzt wird.
Notfalls vorhandene Eigenhheizungen einzelner Wagen in Betrieb nehmen – Zugkommandant entscheidet.
Niederdruckdampfsystem bei Frostgefahr entleeren!
Erfordern die Witterungsverhältnisse eine ununterbrochene Beheizung des Zuges, ist über die HA1 der betreffenden Rbd bzw. über den Zugkommandanten sicher zu stellen, dass der Zug nicht unbespannt abgestellt wird.
 
     
  In Zusammenhang mit der „Anleitung für die technischen Begleiter des Lazarettzuges“- fiel bereits der Begriff „Einsatzbericht“...
Der vom technischen Leiter des D1072 auszufertigende Bericht enthielt
Angaben zur Einsatzdauer des D1072
Angaben zum technischen Leiter
Nachweis der durchgeführten Arbeitsschutzbelehrung der abgeordneten Mitarbeiten durch den technischen Leiter
Angaben zu Schäden und Mängeln bei der Übernahme des D1072
Angaben zum Fahrtverlauf, u.a. Ankunfts- und Abfahrtszeiten an definierten Punkten
Angaben zu Motorlaufstunden, Diesel- und Kohleverbrauch
Angaben zu Schäden und Mängeln während der Fahrt
Angaben zu Schäden und Mängeln nach Abschluss der Fahrt.
 
     
  Ja, die Fahrt des D1072 war in jedem Falle ein ganz schönes Politikum.  
     
  Fahrtverlauf nach Brest  
     
  Der einzusetzende K-Zug wurde im Heimat-Bww durch die Heimatdienststelle der Behandlung des Stammzuges nach DV971 unterzogen und begleitet in das Bww Seddin überführt (wenn nicht der K1 oder K2 eingesetzt wurde).
Das technische Personal für den D1072 traf sich im Bww Seddin.
Die Sonderfahrzeuge und Heizwagen wurden einer RÜO nach DV426 §14 unterzogen.
Der Wagenpark des D1072 wurde in der angeforderten Reihenfolge unter Beachtung der Anlage 4 zur „Anleitung für die technischen Begleiter des Lazarettzuges“ zusammengestellt und die Einsatzbereitschaft hergestellt (Batterien einbauen, Wassertanks befüllen, falls entleert Heizung befüllen, Kohle nachladen, Maschinenwagen betanken, Heizwagen restaurieren und Anheizen, ND-Dampfversorgung des Küchenwagens in Betrieb nehmen).
 
     
  Fotos aus dem Jahr 1991 zeigen den Zug, bestehend aus Nervenwagen N1 und N2, OP-Wagen, 3 Bmh-Bettenwagen, dem Begleiterwagen mP(med), 2 Begleiterwagen (mP und mP(O), Vorratswagen (bis hier von recht komplett sichtbar). Nicht zu sehen, aber ebenfalls im Zug je ein Küchenwagen, Maschinenwagen, DR-Begleiterwagen und 2 Heizkesselwagen. Das macht schon mal 15 Wagen. Entsprechenden Berichten von Angehörigen der DR zufolge, die mehrfach mit in Brest waren, wurde auch im Sommer mit 2 Heizkesselwagen gefahren. Auch wenn die K-Zug-Stammfahrzeuge alle über eine autarke Heizanlage verfügten - nicht alle Funktionswagen hatten eine solche und machten den Einsatz der Heizkesselwagen zwingend.
Mit der Reihung lt. Foto von 1991 hatet der Zug eine Länge von 308,35m.
 
     
  Geschobene Rangierfahrt von Seddin nach Beelitz-Heilstätten –von Seddin nach Beelitz-Heilstätten sind es nur 4km…
Sowohl Seddin als auch Beelitz-Heilstätten liegen an der in Wannsee von der Berliner Stadtbahn abzweigenden Hauptstrecke nach Dessau.
Das Ladegleis (Gleis1) ist ein Stumpfgleis mit Seiten- und Kopframpe mit Ausfahrmöglichkeit in Richtung Norden. Die Bahnsteiglänge des Gleises 1 beträgt nur 180m und ist damit für den D1072 mit Soll-Wagengestellung nach Anlage 4 zur „Anleitung für die technischen Begleiter des Lazarettzuges“. Die Zuglänge mit Altbau-Fahrzeugen und 2 Heizwagen beträgt rund 275m, d.h. die Nervenwagen N1, N2 und N3 stehen nicht am Bahnsteig… Rechnet man das allerdings nach, betrifft das auch den an 4. Position laufenden OP-Wagen.
 
     
  Was auffällt  
  Das Stasi-Dokument („Anleitung für die technischen Begleiter des Lazarettzuges“) berechnet die Zugläne ohne Tfz auf 279,21m. Aber stimmt das so wirklich?
Fakt 1: Es fehlt der FuW „mP“ für das „Bewacherkollektiv“ der Sowjetarmee... Hinter damals vorgehaltener Hand der „Muschkotenwagen“...
Fakt 2: Es fehlt der FuW „A“ – o.k., der war tatsächlich nicht immer dabei…
Fakt 2: Die Zugbildungsvariante mit dem 3. Bettenwagen war die Alternativvarianten zum Einsatz des N3. Offenbar ist der N3 ein „Optimierungsprodukt“, mit dem keiner wirklich leben wollte oder konnte, geschweige denn glücklich wurde. Wohl resultierend daraus, dass der Umgang mit den psychiatrischen Patienten eine Art war, die heute überhaupt nicht mehr vorstellbar wäre, war die gemeinsame Unterbringung von Patienten und Pflegepersonal in einem Wagen schon damals einfach ein „no go“...
Ein Bghw-OP-Wagen hätte die Zuglänge um 2,2m verkürzt.
3 Bghw-Bettenwagen hätte die Zuglänge um weiter 6,6m verkürzt.
3 Bettenwagen der Bauart „Bmh“ hätten die Zuglänge um 16,68m verlängert.
Der Entfall des N3 hätte die Zuglänge um 21,52m verkürzt.
Der fehlende FuW „A“ als C4i-36 hätte die Zuglänge um 20,86m verlängert.
Der fehlende FuW „A“ als Bghw-mod hätte die Zuglänge um 18,6m verlängert.
Der fehlende FuW „mP“ als C4ü-28 hätte die Zuglänge um 21,72m verlängert.
Der fehlende FuW „mP“ als Bghw-mod hätte die Zuglänge um 18,6m verlängert.
Der FuW „K“ anstelle des C4ü-28 als Bghw-mod hätte die Zuglänge um 3,12m verkürzt.
Die falschen Angaben zum FuW „B“ hätten im Falle des B1 (C4ü-28) die Zuglänge um 1,72m verlängert.
Die falschen Angaben zum FuW „B“ hätten im Falle des B2 (C4i-36) die Zuglänge um 0,86m verlängert.
Die falschen Angaben zum FuW „B“ hätten im Falle eines Bghw-mod als „B“ die Zuglänge um 1,4m verkürzt.
Na ja – das ist offensichtliche Schreibtischtäterei...
 
     
  Das Personal für den Küchenwagen und auch das medizinische Personal stellte die Rote Armee / Sowjetarmee. Zusätzlich befand sich ein bewaffnetes militärisches Begleitkommando mit Bewachungsaufgaben im Zug.
Nach ihrem Eintreffen am Bahnhof Beelitz-Heistätten belud das sowjetische Personal den Zug mit medizinischem Gerät, Verbrauchsmaterial und Verpflegung.
 
     
  Einige Zeit vor der Abfahrt wurden die Kranken (mit Ausnahme der Nervenkranken) verladen. Die Kranken kamen nicht nur per Sankra aus dem zentralen Lazarett in Beelitz, sondern wurden auch teilweise mit Hubschraubern aus anderen Militärkrankenhäusern der sowjetischen Streitkräfte in der DDR direkt zum Zug nach Beelitz gebracht.  
     
  Von Beelitz-Heilstätten ging die Fahrt mit den Nervenwagen an der Zugspitze über Michendorf, Saarmund, Genhagener Heide und Zentralflughafen Berlin-Schönefeld zum Grünauer Kreuz. Weiter über Königs Wusterhausen auf der Fernstrecke Richtung Cottbus nach Teupitz.  
  „Landesirrenanstalt“, sagte man 1908 bei der Eröffnung des vom Brandenburgischen Provinzialverband gebauten Ensembles - gut 16 Hektar große Areal am Rande von Teupitz.
Im Ersten Weltkrieg wurde die Klink als Lazarett genutzt.
Zur Zeit des Zweiten Weltkrieges richtete die Wehrmacht ein Speziallazarett ein.
Ab Mai 1945 ichtete die Rote Armee auf dem größten Teil des Areals ein Hospital ein, das von der GSSD in Wünsdorf geleitet wurde. Sie teilten die Klinik in einen Bereich für Soldaten, Offiziere, Alkoholiker und Menschen mit einer psychischen Störung ein.
In der Hochphase der Klink arbeiteten auf dem Gelände bis zu 500 Angestellte, die überwiegend aus der Sowjetunion kamen.
Der kleinere Teil des Geländes diente ab 1949/1950 zum Aufbau einer Nervenklinik nach den Vorgaben des Ministeriums für Gesundheitswesen der DDR.
 
  Nach Augenzeugenberichten waren die Nervenwagen teilweise überfüllt, nicht jeder Kranke konnte auf einer der 4 Pritschen je Abteil Platz finden. "Überzählige" Patienten wurden auf Matratzen auf dem Boden der Abteile mit den vergitterten Fenstern untergebracht. Es wird außerdem berichtet, dass die Insassen der Nervenwagen während des Transports generell "medikamentös ruhiggestellt" waren. Unter ihnen sollen sich auffallend viele Angehörige des fliegenden Personals befunden haben.  
     
  In Teupitz wurden nicht nur die „Nervenkranken“ eingeladen, sondern auch mit dem Zug „Kopf gemacht“..
Ob während der Dampflokzeit in Teupitz nur umgesetzt oder auch umgespannt wurde, ist derzeit nicht bekannt. „Nur umspannen hätte bedeutet, dass man entweder von Beelitz-Heilstätten bis Teupitz oder aber von Teupitz bis Frankfurt/O hätte „Tender voran“ fahren müssen…
 
  Nunmehr als mit den Heizwagen an der Zugspitze hinter dem Tfz.  
     
  Der mit bis 15 Wagen „sehr erwachsene“ Zug mit ca. 660t dürfte selbst bei moderaten Fahrzeiten und auf Grund des Einsatzes der Heizwagen zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 60km/h auch eine Güterzug-Dampflok gut gefordert haben.  
  B1 - C4i-30 37t
MaschW - Pw4ü-37 42t
KüchenW - Pw4ü-28 50t
Vorratswagen 29t
K - C4ü-28 44t
mP - C4ü-28 44t
BettenW - C4i-36 34,5t
BettenW - C4i-36 34,5t
BettenW - C4i-36 34,5t
OP-W - Bghw 34t
A - C4i-36 34,5t
N3 - Bg 39t
N1 - WLC4ü-51 40t
N2 - WLC4ü-50 39t
HW41 - HW41 60t
HW41 - HW41 60t
Zuggewicht 656t
 
     
  Die Gestellung der Tfz dürfte durch die BW Seddin, Berlin-Schöneweide oder Frankfurt/O erfolgt sein. Das sind typische Güterzug-BW und der im Berliner Raum vorherrschenden BR52.0-77 und 52.80.
Nach Ende des planmäßigen Dampflokeinsatzes in Richtung Frankfurt fuhren in der Dieselära zunächst bis Frankfurt/Oder die 118-er 4-Achser und gegen Ende der K-Zug-Einsätze auch 132-er.
Es existieren auch Fotos mit der E-Lok-BR 112… (In der Gegenrichtung – hoch nach Rosengarten – wird die 118.0 bzw. 118.1 wohl nicht ohne Schiebehilfe ausgekommen sein…)
 
     
 
 
     
  Weiterfahrt über das Grünauer Kreuz und die Verbindungskurve bei Schöneweide auf die Hauptstrecke nach Frankfurt/O.  
  Lt. „Anleitung für die technischen Begleiter des Lazarettzuges“ zufolge wurden beide Heizkesselwagen auf der Hinfahrt vor dem Grenzübertritt nochmals im BW Frankfurt/Oder restauriert und an den übrigen Wagen die Wassertanks nachgefüllt. Das Gleis 211 im Bahnhof Frankfurt/O war extra für diesen Zweck „mit der dazu nötigen Infrastruktur“ entsprechend ausgerüstet.
Während der Restaurierung der Heizwagen übernahm eine Dampflokomotive des BW Frankfurt (ersatzweise auch mal eine 118) die Dampfversorgung des Wagenparks.
 
     
  Ab Frankfurt/O weiter mit einem polnischen Tfz mit ca.je 90min Wasserhalt in Poznan und in Warszawa Gbf (in beiden Fällen sich auch Umspannen, also Tfz-Wechsel).
Ab Warschau gab es 2 alternative Strecken: die „Magistrale“ auf „geradem Weg“ nach Brest-Central und „mit dem Schlenker nach Norden“ über Czeremcha, einer parallel der Magistrale verlaufende Strecke, die zu Zeiten der Reparationslieferungen nach dem WK2 auch häufig von den Zügen der „Brigade“ befahren wurde.
 
     
 
 
     
  Es gibt Meldungen, wonach bei Fahrten mit dem Fahrziel Brest nicht etwa der Umladebahnhof Brest-Nord angefahren wurde, sondern der Zug ein getarnt in einem Waldgebiet in der Nähe von Brest gelegenes militärisches Objekt zum Ziel gehabt hätte. Vielleicht war das zur Zeiten des kalten Krieges wirklich so, aber die Bilder von S. Siebenhaar, der die Fotos 1991 als zum Dienst auf dem 1072 abgeordneter Kesselwärter in Brest selbst machte und mir dankenswerter Weise zur Veröffentlichung zur Verfügung stellte, zeigen den Zug während der Rangierfahrt an das Rampengleis und ungetarnt an einer Art Inselbahnsteig. Dieser befindet sich im zivilen Bereich des Bahnhofes Brest-Nord und dient sonst zum Umladen von Gütern von Normal- auf Breitspur bzw. umgekehrt. Der auf der Gegenseite der Rampe bereit stehende Zug ist der (Breitspur)-Lazarettzug für die Weiterfahrt in russische Landesinnere... Also nix Geheimnisvolles...  
     
 
 
  Das Foto vom 29. 03. 1991 (wieder von S. Siebenhaar) zeigt den Zug in Brest in folgender Reihung (von links beginnend):
2x Heizkesselwagen (im Bild nicht sichtbar)
Begleiterwagen für Deutsches Personal (B2) (aus dessen Fenster wurde fotografiert)
Maschinenwagen
Küchenwagen
Vorratswagen mit Zugführerabteil (V)
Kommandantenwagen /Stabswagen für Russ. Offiziere (K)
Soldatenwagen für Wachmannschaft (mP)
Begleiterwagen für Betreuungspersonal (medP)
3x Bettenwagen Bmh
OP- Wagen
2x Zellenwagen für Nervenkranke (N2 +1)
 
     
  Von Brest-Central wurde der Zug zum Bahnhof Brest-Nord geschoben - der Bahnhof Brest-Nord diente vornehmlich für den Güterumschlag zwischen Breit- und Regelspurfahrzeugen.  
  In Brest-Nord wurden die Erkrankten und Verletzten in einen auf der anderen, breitspurigen Seite des Inselbahnsteiges bereitstehenden Breitspur-Lazarettzug der SZD umgeladen.  
  Das medizinische Personal fuhr - ebenso wie das Küchenpersonal - weiter mit dem Breitspurzug ins Landesinnere.
Das Wachpersonal fuhr mit dem D1072 zurück in die DDR.
 
     
 
 
 
Brest-Nord im Jahr 1991. Beide Laz-Züge stehen am Umladebahnsteig...
 
     
 
 
 
Umladebahnhof Brest-Nord. Der Breitspur-Lazarettzug der SZD hat bereits Brest verlassen. Eine Normalspur-Rangierlok der SZD wird die Laz-Garnitur zurück nach Brest-Central bringen..
 
     
  Restaurieren war in Brest nur in Ausnahmefällen möglich und wenn bekam man dort nur den berüchtigten „Kosakenkies“…
Nachdem der Breitspur-Laz-Zug Brest-Nord verlassen hatte, wurde der 1072 nach Brest-Central zurückgezogen. Nach dem Kopfmachen wurde Brest-Central mit einem PKP-Tfz in Richtung Westen verlassen. Für die Rückfahrt bevorzugte das Personal die nördliche Strecke: In Czeremcha war gute schlesische Steinkohle zu bekommen.
In Czeremcha wurden auch die Heizungsanlagen der bei der Rückfahrt unbesetzten Wagen abgestellt und die der Altbaufahrzeuge auch entwässert.
Mit planmäßigen Wasserhalten in Warszawa Gbf und in Poznan kehrte der Zug mit der DR-Besatzung und der Bewachungseinheit in die DDR zurück.
 
     
  Im Normalfall erreichte der D1072 Frankfurt/O mit den Nervenwagen an der Zugspitze. Auf Grund dessen, dass der Zug auf der Rückfahrt Teupitz nicht anfuhr, machte sich auf dem weiteren Weg nach Beelitz eine Drehfahrt erforderlich, damit auf dem Gleis1 in Beelitz-Heilstätten die Heizwagen an der Rampe standen.  
     
  Im Bahnhof „Zentralflughafen Berlin-Schönefeld“ gab es einen planmäßigen Verkehrshalt „zum Ausstieg für Fahrgäste“.  
  Dieser Wortfetzen „zum Ausstieg für Fahrgäste“ hat einige Leute für sich selbst kühne Gedanken generieren lassen, wozu der D1072 auf der Fahrt von Brest zurück in die DDR so alles genutzt worden sein könnte… Angefangen von deutschen Heimkehrern aus sowjetischer Gefangenschaft in den Anfangsjahren des D1072, über aus dem Heimaturlaub in die DDR zurückkehrende sowjetische Soldaten…  
  Ob bereits in Seddin der Zug vom Tfz umfahren und dann bis Beelitz-Heilstätten geschoben oder erst in Beelitz-Heilstätten nach Einfahrt in Gleis 2 oder 3 umgesetzt, der Zug wieder in Richtung Seddin zurückgezogen und in Gleis 1 gedrückt wurde, ist mir nicht bekannt…  
     
  An der Ladestraße neben dem Gleis1 wurde der Zug entladen und nachdem dies erfolgt war, nach Seddin abgezogen.
Die Abschlussarbeiten durch das DR-Personal erfolgten in Seddin.
Die Sonderwagen wurden abgestellt bzw. bedarfsweise der Reparatur zugeführt.
Der K-Zug kehrte begleitet in seine Heimatdienststelle zurück und das technische Personal machte sich auf den Nachhauseweg…
 
     
  Das deutsche Zugpersonal wurde durch die russische Küchenwagenbesatzung mit verpflegt. Jedem stand der Verpflegungssatz eines sowjetischen Soldaten zu. Zur "Abmilderung dieser Härte" empfingen die DR-Mitarbeiter vor der Abfahrt in Seddin entsprechende Verpflegungspakete.
Während der "Reise" waren Kontakte der DR-Mitarbeiter zu den Mannschaftsdienstgraden sowie dem medizinischen und dem Küchenpersonal bei den begleitenden Offizieren nicht gern gesehen. Einige hochprozentige Kontakte, insbesondere zu den Offizieren, soll es auch gegeben haben...
 
     
 

INHALT "K-ZUG"

WEITER  

©2018 Burkhardt Köhler