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INHALT "K-ZUG"
   
 

KATASTROPHENZÜGE DER DR

 
 
EINSTIEG (in Technik, Geschichte und die verklausulierte Sprache in der DDR)
 
Um Missverständnissen von Anfang an vorzubeugen: Die hier betrachteten K-Züge haben mit den durch die Bahnbetriebswerke vorgehaltenen Hilfszügen nichts zu tun, auch nichts mit den Arztwagen, die eine Zeit lang an ausgewählten Standorten den Hilfszügen beigestellt werden konnten.
Die Firma „Tillig Modellbahnen“ hat im Jahr 2018 ein Modell eines solchen Arztwagens im Maßstab 1:120 als Messe-Sondermodell auf den Markt gebracht…
 
TT-Modelldes Arztwagens des BW Zittau, Anfang 1970-er Jahre
 
Nicht die technische Hilfeleistung (z.B. bei Entgleisungen, Fahrzeugschäden und großen Bahnbetriebsunfälle) mittels Hilfszug ist hier Thema und auch nicht die Primärrettung (im medizinischen Sinne) bei Großschadenslagen.
 
Katastrophenzüge, kurz und knapp als „K-Züge“ bezeichnet sind Vertreter des Kalten Krieges…
Die Bezeichnung „Katastrophenzug“ klingt ganz zivil, allenfalls nach "Zivilverteidung" - der "DDR-Version" des Katastrophenschutzes. Wirklich zivil waren die Züge aber nicht – genau genommen waren es kadrierte Lazarettzüge – also kleine „Rumpf“-Einheiten, die beim Eintritt bestimmter internationaler politischer bzw. militärischer Lagen zu leistungsfähigen schienengebundenen Verwundetentransporteinheiten auf dem Schienennetz der DR für die dort handelnden militärischen Formationen der Warschauer Vertragsstaaten entfaltet worden wären.
Vordergründig dienten die K-Züge in ihrer kadrierten (minimierten) „Friedensaufstellung“ zur medizinischen Absicherung größerer militärischer Übungen der auf dem Gebiet der DDR stationierten Truppen der Roten Armee / Sowjetarmee und später auch für die NVA und andere z.B. im Rahmen großer Manöver auf dem Gebiet der DDR handelnde „Bruderarmeen“ und auch ein bisschen für die Zivilverteidigung. Eine Formationen der Zivilverteidigung der DDR stellte eine Art militärisch organisierte und geführte Kathastrophenschutzeinheit dar. Dabei stand bezüglich der Ausbildungsinhalte bei der Zivilverteidigung die Hilfe nach militärischen Einwirkungen gegenüber dem Katastrophenschutz (Stichwort – Hochwasser) und erst recht gegenüber den technischen Hilfeleistungen bei Unfällen ganz klar im Vordergrund.
Dass die DDR bei politischen Massenveranstaltungen zu ihrer materiellen Absicherung (z.B. Verpflegung) und zu ihrer öffentlichen Absicherung gern auf militärische Hilfsmittel zurückgriff dürfte allgemein bekannt sein. So wäre der Einsatz eines K-Zuges oder von Teilen von ihm z.B. im Rahmen der Weltfestspiele oder eines Turn- und Sportfestes kein „Stilbruch“.
Wir werden auch noch erfahren, dass es auch (einzelne) Einsätze bei Großschadenslagen mit technischem Hintergrund gab – jedoch nie zur Primärrettung.
 
Buchmäßiger "Eigentümer" aller Züge war die Hauptverwaltung „Wagenwirtschaft“ der DR (nicht, wie anderenorts fälschlicherweise behauptet wurde, die Hauptverwaltung „Maschinenwirtschaft“).
Die GSSD (Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland) und die Stäbe der beiden Militärbezirke der DDR konnten die K-Züge bei der Hauptabteilung 1 im Ministerium für Verkehrswesen (MfV) anfordern.
Viele Großbetriebe in der DDR hatten innerhalb ihrer zivilen Struktur eine oder mehrere Dienststelle(n) des Miniteriums für Staatssicherheit, die grundsätzlich innerhalb der obersten betrieblichen Leitungsebene „Hauptabteilung 1“ und innerhalb untergeordneter Strukturen „Abteilung 1“ bezeichnet wurden.
Für alle anderen Nutzer (z.B. Bezirkskatastrophenkommission einer DDR-Bezirksverwaltung) war der Einsatzauftrag beim Minister für Verkehrswesen persönlich zu erwirken.
Natürlich hätte der Minister für Verkehrswesen auch vom Ministerrat der DDR einen Einsatzbefehl für einen K-Zug oder auch mehrere K-Züge gleichzeitig erhalten können – dies wäre die Verfahrensweise für einen geplanten K-Zug-Einsatz bei einer politischen Massenveranstaltungen gewesen.
Es wird immer wieder berichtet, dass die "Befehlsgewalt" bezüglich des Einsatzes der Züge K1 bis K10 eindeutig bei der GSSD und bei den K 11 - 14 bei den Militärbezirken der DDR gelegen habe.
Bezüglich dieser Betrachtungsweise bleiben beim Autor Zweifel…
Mit der Führung durch die GssD bzw. die Militärbezirke würde klar der in der DV971 (die sog. „K-Zug-DV“) erläuterten zentralen Führung aller K-Züge durch die HA1 des MfV widersprochen.
Dass im Verteidigungsfall die Zuständigkeit für die K-Züge bezüglich des medizinischem Personal und auch der Küchenkräfte ausschließlich auf die NVA übergegangen wäre, steht keineswegs im Widerspruch zur DV971. 10 der 14 „entfalteten“ Laz-Züge wären dann mit NVA-Personal zur Verfügung der Sowjetarmee gewesen. Denjenigen, die etwas Kenntnis bezüglich militärischer Strukturen im Warschauer Vertragt haben, werden auch hier vielleicht Fragen kommen, z.B. wie das mit der Befehlshierachie geregelt werden sollte…
 
 
Maschinenwagen, OP-Wagen und Küchenwagen des ehemaligen K-14 des Bww Jerichow - erhalten im Museums-BW in Wittenberge.
 
     
  Die Geschichte der K-Züge stellt sich als Verquickung von Staat und Staatsbahn einerseits und sowjetischer Besatzermacht und eigenem Militär andererseits dar. Wir sprechen von Technik, die überwiegend militärisch genutzt wurde und das zivilste daran deren Bezeichnung „Katastrophenzug“ war. Es ist eine politisierte, absonderliche und widersprüchliche Geschichte, deren Wurzeln rein militärischer Art sind.

Was war das eigentlich, so ein K-Zug?
In einer der wenigen Publikationen zu diesem Thema wurde ein K-Zug als modernes ziviles Rettungsmittel beschrieben, das medizinisch mit einem Kreiskrankenhaus vergleichbar wäre.

War ein K-Zug wirklich ein Rettungsmittel?
Nein – keinesfalls.
In den Bettenwagen war durch die Anordnung von 3 Betten übereinander eine medizinische Versorgung quasi nicht möglich.
Und so ein großspurig als OP-Wagen bezeichnetes Fahrzeug hatte einen einzigen richtigen Behandlungsplatz. Aus genau dieser Sicht hatte ein K-Zug die Kapazität eines einzelnen Rettungswagen der Schnellen medizinischen Hilfe (SMH), dessen Apotheke während der Bereitsschaftszeit völlig leer war.
Die K-Züge waren dazu ausgerüstet und konzipiert, sich innerhalb einer definierten Zeit sich zu einem Lazarettzug zu entfalten - und nicht als primäres ziviles Rettungsmittel. Alle anders lautende Aussagen sind schlichtweg falsch.

War dann so ein K-Zug ein Lazarettzug?
Irgendwo fand ich folgende Definition eines Lazarettzuges: „Lazarettzüge waren Transportmittel für eine erhebliche Anzahl verwundeter bzw. verletzter Personen, die bereits eine medizinischer Erst- oder Grundversorgung erhalten hatten und aus verschiedenen Gründen über eine erhebliche Entfernung medizinisch betreut transportiert werden mussten.“

In seiner Form als K-Zug-Stammeinheit (5-Wagen-Zug) war er ganz sicher auch kein Lazarettzug.
Den K-Zügen fehlten ganz klar einige „Baugruppen“ eines vollwertigen Lazarettzuges, wie er im Falle einer kriegerischen Auseinandersetzung erforderlich gewesen wäre.
Aber die „Spezialfahrzeuge“ (Energieversorgungswagen, Küchenwagen und OP-Wagen) waren vorhanden, das sind genau die Fahrzeuge, die im Bedarfsfall nicht kurzfristig beschaffbar waren. Die neben den 2 vorhandenen Krankenwagen zusätzlich benötigten „Unterkunftswagen“ (= weitere Krankenwagen und Personalwagen) sowie Materialwagen wären durch Beschlagnahme entsprechend vorausgewählter Reisezug- und Packwagen mit kurzer Umrüstungszeit schnell verfügbar und integrierbar gewesen.
Die Konzeption der K-Züge der DR entsprach also schon sehr genau dem Konzept eines Israel’schen Lazarettzuges (mehr dazu im folgenden Kapitel), denn es war Vorsorge getan, dass sich jeder K-Zug relativ schnell zu einem vollumfänglichen Lazarettzug entfalten hätte können. Das zu Anfang des 1. Weltkrieges entwickeltes Konzept eines modernen Lazarettzuges, in dem auch während der Fahrt Verwundete über die Krankenpflege hinausgehend medizinisch versorgt werden konnten, hatte sich im 1. und 2. Weltkrieg absolut bewährt und ist deshalb, mit modernerer Technik ergänzt auch Grundlage des Konzeptes der K-Züge geblieben und wurde auch bis zur Abstellung der K-Züge 1994 beibehalten.

Die K-Züge waren mit der in der DDR übliche Geheimnistuerei für alle Dinge und Vorgänge, die irgendetwas mit NVA oder Sowjetarmee und Kriegsvorbereitung zu tun hatten umgeben. Schon deshalb, weil die K-Züge keine Züge waren, denen man täglich begegnen konnte, obwohl sie regelmäßig unterwegs waren: für die Sowjetarmee als „entfalteter“ Lazarettzug mit der Zugnummer D1072 zwischen dem Zentrallazarett der GssD in Beelitz-Heilstätten und Brest (dort mit Anschluss an einen Breitspur-Laz-Zug der SZD). Die zur „Entfaltung zum Lazarettzug“ benötigten Wagen waren als Sonderwagen im Bww Seddin im Bahndienstwagenbestand.

 
     
 
 
 
Das, was auf dem Foto auf den ersten Blick aussieht wie ein „ausgewachsener“ Schnellzug, ist der als D1072 bezeichnete Lazarettzug Beelitz-Heilstätten – Brest in der Nähe von Brest-Nord. In älteren Kursbüchern der DR wurde er als „Schnellzug mit besonderer Nutzung“ geführt. Er diente er der regelmäßigen Rückführung erkrankter bzw. verletzter Angehörige der Roten Armee auf der Relation Beelitz-Heilstätten – Brest.
Es handelte sich hierbei um eine mit einer Vielzahl von speziellen Funktionswagen ergänzte K-Zug-Einheit.
Die Geschichte, Technik und Einsätze der K-Züge sind nicht von den Einsätzen des Laz-Zuges D1072 zu trennen.
 
     
 
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©2004 Burkhardt Köhler