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TESTBERICHT - 060DA KEG-2102 MTB ("KRABBENKUTTER")
 
 
Als Bewohner von Markranstädt ist man ganz automatisch „Anlieger“ der Bahnstrecke Leipzig – Großkorbetha – Erfurt bzw. - Saalfeld, schon deshalb, weil die sächsische Kleinstadt durch die Eisenbahnstrecke quasi geteilt wird.
1999 tauchte auf der Strecke vor allem im Kesselwagenverkehr von und nach Großkorbetha eine bis dahin auf deutschen Gleisen (mit Ausnahme der Grenzbahnhöfe zur PKP) bisher völlig unbekannte Diesellok auf: Die dieselelektrische 060DA, gebaut in Rumänien auf der Grundlage einer schweizerischen Lizenz und damals im Bestand der Privatbahn KEG.
Beeindruckend war vor allem das Geräusch der Loks aufgrund ihrer Ausrüstung mit einem langsamlaufenden 2-Wellen-Dieselmotor (System "Sulzer"), der sofort an einen Schiffsdieselmotor eines Hochseekutters für Nord- und Ostsee erinnerte – deshalb eben der Spitzname „Krabbenkutter“.
Seit 2017 gibt es den KEG-Krabbenkutter in 120-facher Verkleinerung als TT-Modell.
Trotz des nur 5 Jahre andauernden Einsatzes der Krabbenkutter-Vorbilder ist das Modell (für mich) so etwas wie ein“must have“...
Andererseits wird das Modell vielen TT-Freunden am Allerwertesten vorbei gehen, weil sie einfach keinen Bezug zu diesem Loktyp haben. Das ist natürlich auch o.k.
Schaun mer mal, was das MTB-Modell in 1:120 so konkret zu bieten hat...
 
 
Das Vorbild
 
Im Jahr 1959 beschaffte die Rumänische Staatsbahn CFR die ersten sechs dieselelektrische Lokomotiven der Baureihe 060DA mit einer Leistung von 1.900 PS (1.397 kW) bei der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik Winterthur (SLM).
Die rumänische Lokomotivfabrik Electroputere in Craiova erhielt die Lizenz zum Nachbau und lieferte bis 1993 2496 Loks der Bauart 060DA.
Davon erhielt die CFR (ROM) 1476 und private rumänische Bahnen 160 Maschinen.
Die PKP (PL) erhielt 420 Maschinen und stellte sie als ST43 in Dienst. Sie kamen im Grenzverkehr regelmäßig mit Güterzügen in den Bahnhof Horka.
Die BZD (BG) übernahm 130 Maschinen und setzte Sie noch nach der Jahrtausendwende auch im Reiseverkehr ein.
Die übrigen 379 Tfz. gingen nach China (379).
 
Die Lok der Gattung 060 DA mit der Achsfolge Co’Co’, einer installierten Leistung von 1.900 PS (1.397 kW), elektrischer Kraftübertragung und einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h ist konzeptionell und auch bezüglich ihres Leistungsvermögens durchaus mit der M62, bei der DR bekannt als V200 / BR120, eng „verwandt“ und verfügt – wie die M62 – über keine Zugheizeinrichtung.
 
 
In den 90-er Jahren kam es zur Gründung zahlreicher privater Eisenbahngesellschaft, die insbesondere im Güterzugdienst und dem Bauzugdienst ihre Aufgabenfelder fanden.Die Karsdorfer Eisenbahngesellschaft GmbH (KEG), gegründet als EVU im Oktober 1992, war eine dieser Gesellschaften. Die KEG war aus der Werksbahn des Zementwerkes Karsdorf (Sachsen-Anhalt) hervorgegangen. Neben der Abwicklung des Werkverkehrs dehnte die KEG in den folgenden Jahren ihre Geschäftstätigkeit auf die deutschlandweite Abwicklung von Bauzug- und Güterverkehren aus.
Für den deutschlandweiten schweren Güterverkehr – im Falle der KEG insbesondere Kraftstofftransporte – benötigte die KEG entsprechend leistungsfähige Dieseltriebfahrzeuge. Gebrauchte Tfz. waren in Deutschland nicht zu beschaffen – die DBAG war damals nicht bereit, nicht mehr selbst benötigte Lokomotiven an potentielle Konkurrenten abzugeben.
Es ergab sich die Chance, von der CFR Lokomotiven der Bauart 060DA zu erwerben.
Das Verfahren für die Zulassung der 060DA zog sich erheblich in die Länge, da es sich um eine Neuzulassung für Deutschland handelte. 1999 erhielten die ersten 6 Tfz. ihre deutsche Zulassung.
 
 
Folgende 23 Maschinen wurden von der KEG in Dienst gestellt:
2101 >>> Craiova 1975/ ex CFR 60-1038 >>> 04.99 - 07.04 verk. (nach Polen)
2102 >>> Craiova 1976/ ex CFR 60-1068 >>> 04.99 - 07.04 verk. (nach Polen)
2103 >>> Craiova 1978/ex CFR 60-1105 >>> 05.99 - 07.04 verk. (nach Polen)
2104 >>> Craiova 1978/ ex CFR 60-1152 >>> 05.99 - 07.04 verk. (nach Polen)
2105 >>> Craiova 1973/ ex CFR 60-0905 >>> 05.99 (Eigentum der akf-Leasing)
2106 >>> Craiova 1973/ ex CFR 60-0909 >>> 05.99 (Eigentum der akf-Leasing)
2107 >>> Craiova 1974/ ex CFR 60-0933 >>> 99/00 (Eigentum der akf-Leasing)
2108 >>> Craiova 1974/ ex CFR 60-0995 >>> 99/00 (Eigentum der akf-Leasing)
2109 >>> Craiova 1970/ ex CFR 60-0620 >>> 01/02 (Eigentum der akf-Leasing)
2110 >>> Craiova 1970/ ex CFR 60-0627 >>> 01/02 (Eigentum der akf-Leasing)
2111 >>> Craiova 1971/ ex CFR 60-0675 >>> 01/02 (Eigentum der akf-Leasing)
2112 >>> Craiova 1971/ ex CFR 60-0669 >>> 01/02 (Eigentum der akf-Leasing)
2113 >>> Craiova 1971/ ex CFR 60-0692 >>> 01/02 (Eigentum der akf-Leasing)
2114 >>> Craiova 1971/ ex CFR 60-0619 >>> 01/02 (Eigentum der akf-Leasing)
2115 >>> Craiova 1976/ ex CFR 60-0918 >>> ?? SüdLeasing >>> ? CTL Rail GmbH
2116 >>> Craiova 1974/ ex CFR 60-0979 >>> ?? SüdLeasing >>> ? CTL Rail GmbH > ST43R-009
2117 >>> Craiova 1975/ ex CFR 60-1297 >>> ?? SüdLeasing >>> 07.05 CTL Rail GmbH > ST43R-002
2118 >>> Craiova 1992/ ex CFR 60-1373 >>> ?? SüdLeasing >>> 07.05 CTL Rail GmbH > ST43R-004
2119 >>> Craiova 1992/ ex CFR 60-1020 >>> ?? SüdLeasing >>> ?? CTL Rail GmbH
2120 >>> Craiova 1980/ ex CFR 60-1024 >>> ?? SüdLeasing >>> ?? CTL Rail GmbH
2121 >>> Craiova 1976/ ex CFR 60-XXXX >>> ?? SüdLeasing >>> ?? CTL Rail GmbH > ST43R 07
2122 >>> Craiova 1980/ ex CFR 60-XXXX >>> ?? SüdLeasing >>> ?? CTL Rail GmbH
2123 >>> Craiova 1980/ ex CFR 60-XXXX >>> ?? SüdLeasing >>> ?? CTL Rail GmbH ST43R-010
 
Der Einsatz der Maschinen erfolgte durch die KEG meist als Doppeltraktion. Eine der bekanntesten Leistungen waren die Treibstofftransporte zum Flughafen München.
  Im Jahr 2003 geriet die KEG in finanzielle Schwierigkeiten, am 12. Februar 2004 wurde das Insolvenzverfahren beantragt und am 31. März 2004 eröffnet.
Die Lokomotiven wurden größtenteils nach Polen verkauft, der Bauzugverkehr ging an die ARCO Transportation, die Leistungen im Schienengüterfernverkehr übernahmen Mitbewerber.

 

 
 
Die allgemein als „Krabbenkutter“ bekannten Loks der KEG erhielten im Rahmen ihrer Aufarbeitung eine sehr attraktive Farbgebung. Diese und ihr Fahrgeräusch ließen die KEG 060DA während ihres knapp 5-jährigen Dienstes für die KEG zu einem ziemlichen „Hingucker / Hinhörer“ werden.
 
TT-Modell der 060DA
 
 
Der tschechische Hersteller „MTB“ hat seit 2017 mehrere TT-Modelle der Bauart 060DA im Angebot:
- die ST43 der PKP
- die 060DA der CFR und
- die 2102 der KEG.
Exklusivhändler für MTB-Modelle in Deutschland ist die Fa. ELRIWA in Wachau.
 
Das getestete Modell der KEG-2102 ist Eigentum des Verfassers dieses Testberichtes. Das Modell wurde zum Ende des Jahres 2017 von ELRIWA bezogen. Der Preis für das Analog-Modell lag zu diesem Zeitpunkt bei rund 140€ und entsprach damit dem in der Nenngröße TT üblichen Preisniveau.
 
Vorbild des TT-Modells ist die 2102 der Karsdorfer Eisenbahngesellschaft GmbH (KEG). Sie entstand aus der 1976 in Craiova / Rumänien gebauten CFR 60-1068. Sie wurde im April 1999 bei der KEG in Dienst gestellt und im Juli 2004 nach Polen im Rahmen der Insolvenz der KEG nach Polen verkauft.
 
Der Beipackzettel benennt ausreichend umfänglich die wichtigsten Dinge...
 
Der Hersteller MTB gibt folgende technische Daten des TT-Modells an:
Katalog Nr. KEG 060DA 2110
LüP 140 mm
Gewicht 200 g
Min. Bogenradius 280 mm
Beleuchtung weiß
Digital Plux16
Sound nein
Anzahl Antriebsachsen 4
Anzahl Achsen mit Haftreifen 0
Kupplung Schacht gemäß NEM
 
Der erste Eindruck
 
Der erste Eindruck ist erst einmal gar keine schlechter. Das Modell ist gut verpackt, die Lackierung macht einen sauberen Eindruck. Und das Modell ist fast komplett vorgerüstet – nur einige Kleinteile wie Typhone, die Druckluftpfeife und eine weitere Teile sind noch anzubringen.
 
 
Angetrieben sind die beiden inneren Achsen der Drehgestelle. Offenbar hat so der Hersteller die Antriebskomponenten der 4-achsigen Lokomotiven a la T478, T466 usw. auch für die 060DA verwenden können.
 
 
Erstaunt war ich über die „Grazilität“ des Modells – aus den Begegnungen mit dem Original heraus hatte ich die Krabbenkutter irgendwie „bisschen klumpig“ in Erinnerung. Aber Vergleiche mit Fotos des Originals – insbesondere ein mir vorliegendes Foto, das die 2102 zusammen mit einer KEG-V180 zeigt - haben gezeigt, dass das „recht schlanke Erscheinungsbild“ sehr wohl stimmig ist.
 
 
Das Modell gibt also das Erscheinungsbild des Vorbildes gut wieder.
 
Äußerlichkeiten
 
Auf die Nachprüfung (Nachmessen) der Hauptabmessungen habe ich verzichtet.
Der Vergleich mit Vorbildfotos fällt durchweg stimmig aus.
Das Modell hat nur eine mit Fahrtrichtung wechselnde 3-Licht-Spitzenbeleuchtung – jedoch keine beleuchteten Rückleuchten. Nimmt man hier ein Vorbildfoto zur Hand, wird ganz schnell sichtbar, dass die roten Rückleuchten sehr klein sind, etwa so, wie bei der M62/V200/BR120. Auch dort hat Roco auf die Nachbildung beleuchteter Rückleuchten verzichtet. Ich finde das gut so.
Die Beleuchtung wirkt „dezent zurückhaltend“ in warmweiß, ohne dass da etwas überstrahlt. Eine richtig gutes Resultat erzielt MTB mit der Wirkung des doppelten oberen Scheinwerfers.
 
 
Die Lackierung gefällt mir richtig gut, alles ist kantenscharf, nichts ausgefranst. Und die Beschriftung ist auch in Ordnung.
 
Das silberne Dach zeigt das Vorbild im Zustand vor dem ersten Motorstart nach der Aufarbeitung. Hier hätte ich mir statt des silberfarbenen Daches eher ein silbergrau als „leicht verschmutztes Dach“ gewünscht. Im Original verschmutzte das Dach halt sehr schnell. Es bleibt aber festzuhalten, dass die Krabbenkutter während ihres Lebens bei der KEG immer einen guten Pflegezustand aufwiesen.
Vor wenigen Tagen las ich bei DSO einen Tread zu den „Vectron“ zweier H0-Hersteller. Ein modellbahnerischer Schreiberling bewertete die Modelle als nicht kaufbar, da die seitlichen Regenrinnen zu kurz waren. Bezüglich solcher „Kleinteile“ habe ich nicht nach Fehlern gesucht, um welche zu finden – dazu kenne ich die 060DA einfach auch zu wenig. Die Drehgestellrahmen sind ordentlich graviert und haben aus der Sicht des Betrachters eine ordentliche Tiefe.
Die Griffstangen sind – MTB-typisch – angespritzt. Ich finde das gut so.
Die Kontrolle der Beweglichkeit der Drehgestelle ergab keine Einwände.
Die KKK sind gut beweglich und gehen jederzeit in ihre Ausgangslage zurück, auch die Kupplungen stehen gerade und die Kuppelhöhe „passt“.
 
 
Fahreigenschaften
 
Die ersten Meter im Rahmen des Einfahrens sind bei jedem Modell ein spannender Moment – egal ob es sich um das 5. Modell ein und derselben Baureihe handelt oder um ein völlig neues Modell. Schließlich entscheidet sich hier meist, ob das Modell bleiben darf oder den frustvollen Rückweg zum Händler antreten muss.
Die 060DA war mein nach der CSD-T478.1 („Bardotka“) mein zweites Modell aus dem Hause MTB. DieT478 war so bisschen ein „Rauhbein“... Und der Krabbenkutter? Hat mich wirklich sofort überzeugt, sehr leise. Und sehr langsam.
Die Langsamheit war aber bereits bei der T478 ein auffälliges Merkmal. Die vorbildgerechte Höchstgeschwindigkeit von 100km/h wird auch bei der 060DA nur unwesentlich überschritten und fällt bei angemessener Zuglast beim Test in der Ebene nur unwesentlich ab.
Über die gesamte Einfahrzeit von rund einer Stunde wurde keine auffällige Erwärmung des Gehäuses festgestellt.
Die Fahrgeräusche liegen deutlich unter denen der Roco-132/232/234.
Die Bettungsweichen der Bauform EW1 werden anstandslos ohne Stocken befahren. Gleiches gilt für ein bösartiges Gegenbogen-Gebilde des Testgleises.
Eine wirklich Wirksamkeit der Schwungmasse ist eher nicht zu erkennen. Mit dem Verweis auf das sichere Passieren der Weiche ist aber die Schwungmasse diesbezüglich ausreichend wirksam.
Gut finde ich, dass MTB dem Modell mit 200g ein ordentliches Gewicht zu geben, um auf Haftreifen verzichten zu können. Aus meiner Sicht ist die Zugkraft des Modells völlig ausreichend. Zumal im Original die Krabbenkutter eigentlich immer als Pärchen liefen. (Ob die 060DA der KEG im Original doppeltraktionsfähig waren oder als Vorspann gefahren wurden, konnte ich nicht „gerichtsfest“ ermitteln. Ich gehe aber von Doppeltraktionsfähigkeit aus.)
 
Zusammenfassung
 
Natürlich darf die2110 „bleiben“.
MTB hat ein vollumfänglich anlagentaugliches Modell mit stimmigem Outfit, richtig guten Fahreigenschaften und vor allem mit einer vorbildgerechten Höchstgeschwindigkeit präsentiert.
Die mit vorliegende 060DA von MTB erreicht als „junger Hersteller“ mit vergleichbaren Preisen vollumfänglich die Qualität der im Diesellokgeschäft in 1:120 aktiven Großserienhersteller Tillig, Piko, Roco und Kühn.
 
Für mich persönlich ist die 060DA „Modell des Jahres 2017“. Und das Modell macht Lust auf mehr.
 


©2004 Burkhardt Köhler